Salut Ihr Lieben,
ich stehe gerade im Kinderzimmer der Mittleren und räume mal wieder die Spielsachen von links nach rechts und zurück in Kisten und Regale als mich der Gedanke überkommt, warum das alles hier herum steht, wo sie doch ohnehin lieber draußen herum stromert und Dinge sammelt, die dann in den Hosentaschen ins Haus wandern und zu allem umfunktioniert werden, was gerade benötigt wird. Beim Großen nicht anders: Das Sammelsurium an Nüssen, Schrauben, Pappkartons, Stöcken und Steinen ist groß und nichts davon darf entsorgt werden. „Nein, Mama, das brauche ich noch!“
Und tatsächlich: alles, was gesammelt, zusammen getragen und dann mit einer Prise kindlicher Fantasie versehen wurde, endet in unglaublich kreativen Vorgängen als „Spielzeug“.
Warum also kistenweise Plastiksteine, Figuren, Puppen und Co in unseren Kinderzimmern, wenn doch eigentlich das, was sie selbst entdecken und umfunktionieren können, derart viel Spaß und Freude bereitet? Was ist es, das sie an Spielzeug fasziniert aber meist nicht lange fesselt und anders herum gefragt: was ist es, dass sie aus scheinbar Nichts, alles entstehen lassen lässt?
Kinder suchen sich das, was sie zum Spielen brauchen selbst. Sie sprengen mitunter unsere Vorgaben und die der Industrie und erfinden täglich alles neu, improvisieren und entschieden permanent um. Elterliche Bemerkungen wie: „Das ist doch nur ein Stock!“ beeindrucken kaum und darin liegt eine Stärke unserer Kinder. Sie brauchen keine vorgefertigten Spuren, sie prägen ihre eigenen. Entweder wird aus einem gefundenen Material ein Spiel entwickelt oder aber das Spiel ist als Idee bereits im Kopf des Kindes und es sucht sich dazu das passende Material. Für beide Wege gilt: es ist pfiffig, ideenreich, individuell und kreativ und das ist es, was es so wertvoll macht. Gefundenes und Gesammeltes führt weg vom bloßen Konsum und der Käuflichkeit von Spaß, hin zu problemlösendem und fantasievollem Gestalten seiner kindlichen Umwelt .
Beim Blick in unsere Kinderzimmer stelle ich fest, dass sie fast einem Spielzeugladen ähneln und es kaum etwas gibt, das es nicht gibt. Und doch kommt beim Geburtstag oder zu Festen immer wieder Neues hinzu und auch die Großeltern und Freunde meinen es immer „zu gut“, so dass sich die Regale stetig füllen und sich Überfluss breit macht. Dabei fällt mir auch auf, dass die vollen Spielkisten und Regale durchaus dazu führen können, dass die Kinder fast überfordert scheinen vom Angebot und sich nur kurz mit einer Sache beschäftigen, ehe die nächste Kiste ausgepackt und bespielt wird. Das Interesse, an einer Sache dran zu bleiben, ist deutlich geringer als etwa beim Sammeln von Holz, um daraus ein Tipi zu bauen oder dem Zusägen von Holzscheiten, um daraus ein Flugzeug zu zimmern, das dann noch angestrichen und mit Rädern versehen werden muss. Besonders auf unserer letzten langen Reise, bei der die Kinder jeweils eine keine Kiste mit Spielzeug von Zuhause mitnehmen konnten, wurde mir bewusst, wie wenig sie eigentlich brauchen. Denn neben zahlreichen Büchern, Malzeug und einigen Figuren und Autochen oder einer Puppe war nichts in den Kisten und selbst dies Wenige wurde (bis auf die Bücher) nur sehr selten benutzt. Statt dessen stromerten die Kids suchend in der Natur herum, bauten sich in den Felsen am Meer ihre Höhlen, erfanden ganze Welten, angelten mit langen Stöcken und zimmerten sich immer wieder ihre eigene kleine Welt zurecht.
Je kleiner unsere Kinder waren, umso weniger hatten sie (bzw. der Erstgeborene, denn danach war ja alles vorhanden), denn das „brauchen sie ja noch nicht“ – dachten wir damals. Heute sind wir der Ansicht, dass sie immer weniger brauchen, je älter sie werden, denn das, was sie aus all dem um sie herum erschaffen können, wird größer. Sie sind natürlich mittlerweile geprägt von dem, was in den Spielzeugläden auf sie einwirkt und dem, was ihre Freunde haben. Das, was in unseren Augen gar kein Spielzeug ist, kein didaktisiertes und vorbereitetes Material sondern einfach etwas, das ihr Interesse weckt und bespielbar wird, weil sie kreativ und fantasievoll damit umgehen können, ist ebenso interessant (oder sogar noch mehr) wie das, was sie im Laden kaufen können. Aus Stöcken werden Angelruten, aus Kartons werden Flugzeuge, Tunnel und Häuser, Dosen und Besteck werden kurzerhand zu einem ganzen Orchester. Im Moment zeigt uns der Kleinste wieder einmal eindrücklich, was Zeug zum Spielen eigentlich vermag:
- Töpfe, Deckel, Löffel oder Dosen werden zu Klopfinstrumenten
- große und kleine Kartons eigenen sich hervorragend zum Verstecken und Hineinschlüpfen,
- Dosen kann man stapeln, umwerfen, als Behausung nutzen,
- Tücher, alte Kleider und Stoffreste machen Verkleidungen möglich und verzieren alles, was aufgehübscht oder geschmückt werden muss ,
- Wäscheklammern sind einfach immer spannend,
- ausgediente Geräte animieren das nachahmende Spiel
- alte Kataloge und Zeitschriften sind prima zum Zerreissen, Bilder anschauen, Papierflieger basteln, ausschneiden
- Materialien aus der Natur, wie Blätter, Stöcke, Steine, Kastanien, Muscheln usw. können eigentlich alles werden.
Wann immer ich etwas wegwerfen möchte und meine Kinder frage, ob sie es noch brauchen können, bekomme ich ein „Au ja, daraus kann ich noch ein…. machen!“ Wie wunderbar, dass sie so viele Ideen und eine große Vorstellungskraft haben, dass ihnen die Möglichkeiten der Verwendung nie ausgehen. Mir selbst geht es ja heute auch noch so, dass ich Dinge aufhebe und sammle, die ich vor meinem geistigen Auge schon kreativ verarbeitet sehe. Mitunter wird mein Arbeitszimmer schon zu klein für all die mir so wertvollen Dinge, die man nirgends kaufen kann. Und doch sind gerade sie es, die ich besonders schätze.
Spielzeug aus dem Laden kann den Einfallsreichtum und die Fantasie unserer Kindern natürlich dennoch anregen – aber eben auch einschränken. Bauklötze, Puppen und Spielsachen, die man vielseitig abwandeln und verwenden kann, sind wunderbare Ergänzungen zu jenen Dingen, die nie dafür ausgelegt wurden, in Kinderhänden als Spielzeug zu dienen. Wenn z.B. unsere Eisenbahn, die gerade Steine und Stöcke abtransportiert, durch die großen Pappkartontunnel fährt und die gesammelten Kastanien zum Meer werden, die Stoffreste zu kleinen Püppchen, zeigt mir das, dass es kein entweder – oder geben muss.
Ich möchte lediglich darauf achten, das „Zeug zum Spielen“ nie aus den Augen zu verlieren und den Kindern gegenüber nichts als „Unbespielbar“ abzuwerten, die unglaublich fantasievolle Welt des Kinderspiels mit Kinderaugen wahrnehmen und darauf eingehen. Das gefertigte Spielzeug wird mit mehr Bedacht ausgewählt, so dass keine überflüssigen Plastikteile mehr seelenlos herum fliegen und neben den gesammelten Federn und Kastanien ein einsames, staubiges Dasein fristen.
Wie sieht es in Euern Kinderzimmern aus? Ich freue mich auf Eure Kommentare.
A bientôt
Hallo! Meine Tochterkind spielt sehr gern Playmobil. Da wir aber nicht jedes Thema kaufen können und wollen,wird das vorhandene immer umgebaut z.B wird das Wohnhaus mal zur Schule oder Krankenhaus umfunktioniert.
Dein Blog ist toll!!!!
LG Nicole